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Forum Musikwirtschaft: Ohne Nachbesserungen wird ein „Neustart Musik“ scheitern

Das Forum Musikwirtschaft, bestehend aus den sieben maßgeblichen Wirtschaftsverbänden der Branche, sieht großen Nachbesserungsbedarf seitens der Politik, wenn ein Neustart nach Corona gelingen soll.

Forum Musikwirtschaft

Überbrückungshilfe I, II und III, November- und Dezemberhilfe, Neustarthilfe, NEUSTART KULTUR I, Hilfsprogramme der Länder - das Förder-Füllhorn ist voll und eigentlich sollte man denken, dass Bund und Länder genuggetan haben, damit alle die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise gut überstehen können. Wie kann es sein, mag man sich fragen, dass viele Wirtschaftsbereiche, etwa zahlreiche Unternehmensbereiche der Musikwirtschaft, die beachtlichen Hilfspakete dennoch kritisieren, für unzureichend halten und weitere Forderungen aufstellen? Das Forum Musikwirtschaft, die Allianz der maßgeblichen Wirtschaftsverbände der Branche, zeigt auf, warum ohne Nachbesserungen der aktuellen Hilfspakete ein ‚Neustart Musik‘ scheitern wird.

Zeitversetzte Betroffenheit

Die Hilfsangebote des Bundes und der Länder sind beachtlich, jedoch passen sie in vielen Fällen nicht auf die miteinander verzahnten Unternehmen der Musikwirtschaft. Ein grundsätzliches Dilemma besteht darin, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gelegentlich auf die Zuständigkeit des jeweils anderen Ministeriums verweisen.

Wie das Forum Musikwirtschaft bereits mehrfach hervorgehoben hat, kann das Überleben des Wirtschaftszweigs mit seinen diversen Teilbranchen nur durch passgenaue Maßnahmen gesichert werden. Einer der Gründe besteht darin, dass der Zeitpunkt, an dem sich die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise bemerkbar machen, nicht in allen Teilbereichen identisch ist.

Sie trafen zu Beginn des ersten Lockdowns zunächst die Clubs und Live-Veranstaltungsunternehmen. Auch der Musikfachhandel, die E-Musik-Verlage sowie die Rechteinhaber an Bühnenwerken erlitten bereits sehr früh empfindliche Einbußen. Andere Bereiche des Wirtschaftszweigs werden aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Nutzung ihrer Rechte die Krise erst im laufenden Jahr in vollem Ausmaß spüren. So besteht der Großteil der Einnahmen von Urhebern und Musikverlagen in den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften. Bereits jetzt ist daher abzusehen, dass sich aufgrund der seit März 2020 wiederholten Untersagung von Musikaufführungen sowie der Schließung von Gaststätten und Fitnessstudios die Einnahmeausfälle von Rechteinhabern und ihrer Partner bis ins Jahr 2022 fortsetzen werden.

Hoffnungslosigkeit bei Künstlervermittlern und Künstlermanagern

Wenn Konzert-, Tournee- und Festivalveranstaltungen, von deren Stattfinden weite Teile der Gesamtbranche wirtschaftlich abhängig sind, wieder anlaufen sollen, dürfen auch Künstlervermittler, Musikmanager, Musikverlage und sonstige Musikunternehmen nicht aufgrund fehlender oder für deren Geschäftsbereich nicht passender Förderungen auf der Strecke bleiben.

So können sich Solo-Selbständige mit der Neustarthilfe, über die sie bis Ende Juni 2021 eine Betriebskostenpauschale bis zu 7.500 Euro erhalten können, zusammen mit der Grundsicherung über die kommenden Monate retten. Die in den vergangenen Monaten entstandenen Löcher werden sich damit allerdings nicht füllen lassen.

Manager und Künstlervermittler sind zumeist kleinere Betriebe ohne relevante Fixkosten. Sie leben von Provisionen und Lizenzeinnahmen. Eine fixkostenorientierte Förderung greift hier kaum. Bei den Reisebüros wurden die entgangenen Provisionen als Fixkosten anerkannt. Für Künstlervermittler und Künstlermanager, deren Geschäftsmodelle mit denen von Reisebüros uneingeschränkt vergleichbar sind, wurde diese Brücke nicht gebaut. Diese unterschiedliche Behandlung erschließt sich dem Forum Musikwirtschaft nicht. Hier muss dringend nachgebessert werden.

Musikwirtschaft hofft auf NEUSTART KULTUR II

Seit Sommer 2020 läuft das Rettungs- und Zukunftsprogramm NEUSTART KULTUR I. Mit fast 60 Einzelprogrammen und Mitteln in Höhe von gut einer Milliarde Euro, will die Bundesregierung dem Kulturbetrieb und der kulturellen Infrastruktur einen Neustart ermöglichen.

Die Musikwirtschaft konnte an diesem Programm mit 150 Millionen für diverse Projekte partizipieren. Teile der Branche wurden zusätzlich aus dem Digitalisierungsprogramm gefördert. Zwar waren Programme im Bereich Musikclubs, Musikverlage und Künstlerförderung stark nachgefragt und die Mittel bereits erschöpft; das Förderprogramm für Live-Musikveranstalter gab allerdings aufgrund förderrechtlicher Restriktionen und fehlender Passgenauigkeit für die Praxis Anlass zur Kritik. Für die Künstlervermittler gibt es bisher keine Förderung, obwohl die BKM sie bereits in ihrem Programm NEUSTART KULTUR I ausdrücklich als Förderempfänger erwähnt hat. Leider scheiterte ein geplantes Förderkonzept an den gesetzlichen Vorgaben.

Das Forum Musikwirtschaft regt an, die Programme für die Musikclubs, das Musikverlagsprogramm, die Künstlerförderung sowie für den Musikfachhandel in NEUSTART KULTUR II weiterzuführen und aufzustocken. Die Live-Veranstalter drängen darauf, dass das bisherige Programm in der Anwendung vereinfacht und bis zum Jahresende 2022 verlängert wird. Vor diesem Hintergrund erwarten die Verbände, dass sie in die Planungen von NEUSTART KULTUR II einbezogen werden. In jedem Fall muss sichergestellt werden, dass die Programme im Spannungsfeld zwischen Schadensregulierung und Starthilfe tatsächlich dort ankommen, wo sie gebraucht werden.

Ohne Ausfallfonds kein Neustart des Live-Geschäfts

Mit großer Sorge betrachtet es das Forum Musikwirtschaft, dass der angekündigte Ausfallsfonds sowie der Wirtschaftlichkeitsbonus für die Kulturveranstalter offenbar vorläufig auf Eis gelegt wurden. Da es Versicherungen für pandemiebedingte Konzertausfälle nicht mehr gibt, werden verantwortungsvolle Veranstalter die teils millionenschweren Tourneerisiken nicht mehr auf sich nehmen können. Daher wurde ein staatlicher Ausfallfonds angeregt. Nachdem das Bundesministerium der Finanzen das Projekt groß angekündigt hat, will man nun offenbar erst abwarten, bis Veranstaltungen wieder durchgeführt werden können. Der Neustart für die Veranstaltungswirtschaft wird sich damit erneut erheblich verzögern.

Perspektive durch „Manifest Restart“

Die Musikwirtschaftsverbände unterstützen ausdrücklich das von der Veranstaltungswirtschaft vorgelegte „Manifest Restart“. Darin wird sehr detailliert aufgezeigt, wie – abgestimmt auf die konkreten Gegebenheiten der Spielstätten – Veranstaltungen unter individuellen Infektionsschutzmaßnahmen wieder stattfinden können. Dieses Konzept gewährleistet einen sicheren Raum für alle Besucher.

Rückwärtsgewandte Urheberrechtsreform

Das Forum Musikwirtschaft wundert sich über die widersprüchlichen Signale der Bundesregierung an die Kultur- und Kreativwirtschaft: Während sie einerseits eine weitere Milliarde Euro ankündigt, um Deutschlands einzigartige kulturelle Vielfalt durch die Krise zu bringen, treibt sie andererseits die Reform des Urheberrechts mit einem rückwärtsgewandten Entwurf voran.

Daniel Knöll, Geschäftsführer der SOMM: „Nach wie vor ist es so, dass die eng miteinander verzahnte Musikwirtschaft besonders mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen hat. Der lange Lockdown setzt insbesondere dem Handel zu. Deshalb dürfen die Hilfsprogramme nicht dazu verkommen, ein Deckmantel zu werden, den man über die eigentlichen Probleme legt. Es muss vielmehr eine schnelle, unbürokratische Unterstützung sein, damit die Betroffenen aus der Kultur überhaupt noch handlungsfähig sind, um einen Weg aus der Pandemie zu finden. Wichtig dabei: ohne Anpassungen der Rahmenbedingungen an die aktuelle gesamtwirtschaftliche Lage der Musikwirtschaft – die Auswirkungen der Pandemie mit einbezogen – wird es in Deutschland leiser werden um die Musik.“

 

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